Der geneigte Leser unserer leider mittlerweile etwas spärlichen Berichte mag sich fragen, ob wir nur gegen die von der falschen Rheinseite ins Stadion gehen? Dem ist aber bei Leibe nicht so. Nur die Schreibeslust bzw. in diesem konkreten Fall die Lust des Schreiberlings hat ein wenig in der letzten Zeit gelitten.

So ist es bei mir durchaus so, dass ich während bzw. nach der Corona-Pandemie doch feststellen musste, dass ein Leben ohne Fußball am Wochenende durchaus existiert und lebenswert ist. Nachdem große Teile der Gesellschaft sich während Covid-19 stark zurücknahmen, wurde der Profifußball erst nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten und leider auch nur kurz ein wenig demütig, sodass ich mich selten so weit weg vom Treiben auf bzw. vor allem neben dem Rasen fühlte.
Aber Getrau dem Cannstatter Motto „Ultras sein heißt Ultras bleiben“ besteht unser Freundeskreis doch beständig weiter, manch einer aktiver als je zuvor, andere (inklusive des Schreiberlings) eben weniger; das Feuer für den Brustring und die Kurve erlöscht aber nie so ganz.
So machte man sich an einem winterlichen Sonntagmorgen mit den üblichen Verdächtigen gen Cannstatt, um dem dortigen Spitzenspiel (ohne Witz!) gegen die, die nicht auf Busen stehen, beizuwohnen. Herrlich wenn in Cannstatt mal wieder ansehnlicher und erfolgreicher Fußball gespielt wird. Zu Gast waren die bisher extrem starken Leverkusener, wo man im Vorfeld des Spiels schon in Gedanken schwelgte, wie stark man selbst wohl wirklich wäre, sollte dieses Spiel tatsächlich nicht verloren gehen. Eingeläutet von einer satten Choreo sah die Cannstatter Kurve vermutlich die besten 45 Minuten Fußball seit mehr als einem Jahrzehnt. Das Anlaufen, der Ballbesitz, das Tempo und Umschaltspiel war einfach Wahnsinn und überforderte diejenigen, die uns sonst einfach am Arsch lecken können. Eigentlich muss es zur Halbzeit 3:0 für unseren VfB stehen und tja eigentlich 5 Minuten nach Wiederanpfiff 2:1 für Lev. Aber auch das zeichnet unsere aktuellen Kicker aus, dass man dieses Spiel dann eben tatsächlich nicht verlor und nach den wirklich starken ersten fünf Minuten des Gegners danach nichts mehr relevantes zuließ. Respekt! So trennte man sich vermutlich dennoch leistungsgerecht 1:1 und trat mit einem satten Grinsen die Heimfahrt an. Das ist nun mehr als ein Lauf, das ist aktuell tatsächlich echte Spitzenklasse. Schauen wir mal, wo das hinführt und wie lange die Truppe so zusammenspielen wird.

Um die Woche noch passend abzurunden, verkündete die DFL standesgemäß, dass man sich nun an an einen Investoren verkaufen würde, um endlich mit der Premier League mithalten zu können.
Aber wollen wir das wirklich? Warum fahren Engländer nach Deutschland zum Fußball? Wieso beneiden uns Zuschauer anderer Länder um unsere Bundesliga? Sicherlich nicht wegen der Kicker, sondern zu einem großen Teil wegen der Kurven. Das alles wird mittelfristig nicht mehr existent sein, wenn wir die eierlegende Mollwilchsau namens Bundesliga endgültig ausgelutscht haben. Ob man dann wieder eine staatliche Hilfe beantragen wird und auf einmal (kurz) ganz demütig ist?